Liebe Schwester, lieber Bruder, stell dir vor: Du hast einen Instagram- oder Facebook-Account mit zehntausenden Followern. Alle schauen auf dich, alle warten auf deine Posts. Du bist sichtbar, wichtig, relevant. Und dann löschst du den Account. Einfach so. Ohne Erklärung. Freiwillig. Unvorstellbar? Genau so ist Gott an Weihnachten. Er verzichtet freiwillig auf Ruhm und Reichweite. Er legt seine göttlichen Privilegien ab. Kein Palast, kein Thron, keine Sonderbehandlung. Stattdessen: Stroh. Kälte. Unsicherheit. Ein neugeborenes Kind, das nicht einmal reden kann. Der Allmächtige – plötzlich angewiesen auf die Wärme menschlicher Arme. Das ist mehr als eine rührende Geschichte. Das ist die Wende der Weltgeschichte. Nicht in einer Schlacht. Nicht durch eine Wahl. Nicht durch eine Revolution von unten, sondern durch eine Demut von oben. Die Bibel beschreibt es so: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich und wurde wie ein Mensch.“ (Philipper 2,6–7)
Gott beginnt seine Geschichte mit uns neu – mitten in der Nacht, mitten im Schwachen. Und dieses Neu-Beginnen ist kein einmaliges Ereignis. Es ist ein fortlaufendes Angebot. Wer diesem Gott begegnet, darf selbst neu werden. Auch heute. Auch mitten im Durcheinander unseres Lebens. Mitten in unseren bohrenden Sinnfragen, mitten in der Sehnsucht nach einer Heimat, die nicht nur geografisch, sondern innerlich ist, mitten in der Sorge um unsere Mitmenschen und die Welt, die zwischen Klimakatastrophe, Kriegen und Einsamkeit hin- und hergerissen ist. Genau dort sagt Gott: Ich fange noch einmal an mit dir.
Und mit ihm kommt ein Friede, den man nicht herstellen oder verordnen kann, nur empfangen. Nicht der Friede, der mit Verträgen versiegelt wird. Nicht der Friede, der auf Waffenruhen basiert. Nicht der Friede, der teuer erkauft oder erzwungen werden muss. Ein Friede, der nicht „funktionieren“ muss. Kein Friede, den man mühsam vorspielen muss, weil es die Situation erfordert. Nicht dieses verkrampfte „wir tun mal so, als wäre alles gut“, obwohl innerlich Anspannung herrscht. Der Friede, den Jesus selbst verspricht: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht, wie die Welt gibt, gebe ich euch.“ (Johannes 14,27) Nicht laut. Nicht dominant. Nicht moralisch überlegen. Sondern andersartig. Menschen, die zuhören, bevor sie urteilen. Menschen, die Wärme ausstrahlen, ohne viel zu sagen. Menschen, die nicht nach oben streben, sondern nach innen leuchten.
Denn: Je mehr wir in Berührung mit diesem wunderbaren Frieden kommen, desto weniger brauchen wir so zu tun, als wären wir friedlich. Friedlich sein – ohne innere Anspannung, ohne Muss, nur weil Gott dich mit Frieden erfüllt. So wie damals in der Nacht, als er geboren wurde, so wie heute, wenn ich aus der Beziehung mit Jesus Christus lebe. Das ist echte Befreiung: Ich muss keinen Frieden herstellen – ich darf ihn geschenkt bekommen.
Und dann geschieht etwas Unerwartetes: Weihnachten bleibt nicht nur ein Ereignis für uns, sondern wird zu einer Kraft durch uns. Denn wer Frieden empfängt, wird automatisch zum Werkzeug des Friedens. So wird Weihnachten zu einer Bewegung. Eine Wende, die in der Heiligen Nacht begann und heute weitergehen will. In dir. In mir. In uns. Darum wünsche ich dir nicht nur schöne Feiertage. Ich wünsche dir Begegnung mit diesem Gott, der anders ist. Ich wünsche dir den Mut zum Neuanfang. Ich wünsche dir den Frieden, den du nicht spielen musst, weil er dich von innen erfüllt.
Herzlichst
Dein Pastor Andreas Hamburg
Dies ist ein Ausschnitt aus dem neuen Markusbrief. Das komplette Heft ist online verfügbar und liegt in Printform in der Gemeinde aus.